
Eltern mit grösseren Kindern wissen, dass es für Kleinkinder gar nicht so einfach ist zu lernen, ihr Geschäft irgendwann auf dem Töpfchen oder der Toilette zu verrichten und nicht mehr überall und jederzeit in eine Windel. Dass Kinder immer später trocken werden, wird oft in den Medien diskutiert, und auch Kindergärten und Schulen berichten davon.
Aber auch ein anderes Problem scheint sich zu verbreiten. Noch lange nach dem "Trockenwerden" haben einige Kinder Schwierigkeiten, das grosse Geschäft ohne Windel zu verrichten. Kennst auch du Kinder, die für ihr Gaggi noch immer die Windel verlangen?
Aber warum ist das so? Kinder die eben nur die Windel als Ausscheidungsort kennen, wurden unnatürlich konditioniert. Ihr Gehirn hat vom ersten Lebenstag an gelernt, dass der Stuhl an ihrem Po klebt. Ihr Schliessmuskel öffnet sich dementsprechend nur, wenn sie eine Windel am Po spüren, weil dieser die Windel als die "Toilette" abgespeichert hat. Auch die Folgen der stark saugenden Wegwerfwindeln sind zu spüren. Was in der Werbung mit "12 Stunden trocken" beworben wird, hat zur Folge, dass Babys aufgrund des fehlenden Nässe-Feedbacks verlernen, den Blasenschliessmuskel zu kontrollieren.
«Was in der Werbung mit "12 Stunden trocken" beworben wird, hat zur Folge, dass Babys aufgrund des fehlenden Nässe-Feedbacks verlernen, den Blasenschliessmuskel zu kontrollieren»
Was kannst du also tun, damit deinem Kind ein sanfter und einfacher Übergang von Windel zum Töpfchen gelingt?
Der Zaubertrick heisst "Abhalten". Zeige deinem Baby ab Geburt eine Alternative zur Windel, indem du es z.B beim Windelwechsel über Lavabo, Toilette oder Töpfchen hältst und frei ausscheiden lässt. Studien belegen, dass Babys, die ab Geburt abgehalten wurden, bereits im ersten Lebensjahr vollkommen trocken sein können. Die ersten drei Monate sind besonders wichtig, denn da steckt das Baby in einer sensiblen Phase und lernt, wie Ausscheidung funktioniert. Die Kombination mit Stoffwindeln ist perfekt, da trotz Windel ein Nässe-Feedback gegeben ist und die Blasen-Hirnkommunikation bestehen bleibt. In der Regel sind Kinder mit dieser Kombination bis zum 2 Lebensjahr trocken.
Warum heisst das auch Windelfrei?
Windelfrei ist eine eher ungünstige Formulierung. Viele Eltern winken ab, da sie meinen, das Kind dürfe keine Windeln tragen. Dem ist aber nicht so. Es geht darum das Bedürfnis wahrzunehmen und deinem Kind zu helfen, die von der Natur gegebene Sensibilität für seine Ausscheidungen zu behalten. So kannst du die negativen Folgen, welche von (Wegwerf)windeln ausgehen und mit denen mittlerweile so viele Kinder zu kämpfen haben verhindern und deinem Baby die bestmögliche Unterstützung für eine gesunde Entwicklung bieten.
Wie geht denn dieses Abhalten oder Windelfrei?
Vielleicht hast du schon gelesen, dass du auf die Zeichen deines Kindes achten sollst, damit du weisst wann es mal muss. Dies ist aber nicht immer so einfach und nach 3 Monaten verlieren sich diese Zeichen. Deshalb geht es auch ganz gut, wenn du in Standardsituationen abhältst. Standardsituationen sind Momente, in denen ein Kind in der Regel ausscheiden muss. Es reicht schon aus wenn du es schaffst, dein Baby 2 Mal täglich abzuhalten.
Standardsituationen:
- Nach dem Schlafen
- Nach dem Stillen/Essen/Schöppi
- Sich aus der Trage drücken
- Beim Wickeln
- In Übergangssituationen ( zu Hause ankommen, im Café ankommen, aus dem Auto aussteigen etc.)


Hast du diese Zeitfenster schon verpasst? Kein Problem, dann ist jetzt der richtige Zeitpunkt das Töpfchen anzubieten. Kann dein Kind schon sitzen? Dann ist ein Bodentöpfchen geeigneter als das Kind passiv abzuhalten.
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«Must-Haves» fürs Abhalten
- Babylegs ( Beinstulpen statt Strampler)
- Hosen und Oberteile als Einzelteile
- Asiatöpfchen (mind. 1)
- Stoffwindel oder Abhaltewindel
- Ab Sitzalter Bodentöpfchen
- Für die Nacht - Abhalteschlafsack oder Windelrock
Abhaltestreik?
Hast du auch schon davon gelesen? Um einen «Abhaltestreik» mit ca. 8-10 Monaten zu vermeiden, lohnt es sich, deinem Kind ab dem Sitzalter ein eigenes Bodentöpfchen anzubieten. Viele Kinder entwickeln den Wunsch, selbstständig auf dem Töpfchen zu sitzen, statt gehalten zu werden. Dein Kleines wird dir das deutlich zeigen in dem es sich z.B durchstreckt.
Ein kleiner Tipp: Damit dein Kind entspannt sitzen bleibt, könnt ihr gemeinsam ein Bilderbuch anschauen oder ein besonderes Spielzeug nutzen, das es nur beim Töpfchen gibt. So wird das Ganze zu einer positiven und entspannten Routine!


Ganz Neu im Thema?
Falls dein Kind noch nie abgehalten wurde und du auch keine Stoffwindeln nutzt, hier ein paar kurze Tipps zum Trockenwerden:
- Dein Kind soll möglichst oft ohne Windeln sein.
- Vermeide es direkt mit Trainingshöschen zu starten. Dein Kind denkt es ist eine Windel und pinkelt trotzdem rein.
- Starte mit einer lockeren Hose die einen Abstand zwischen Vulva / Penis hat, damit kein Windelgefühl entsteht.
- Geht gemeinsam aufs Klo/Töpfchen und macht dies zu einer spassigen Routine.
- Übt das Ganze mit Stofftieren oder Puppen und imitiert Bisi und Gaggi mit z.B einer Wasserspritze / brauner Knete die bei der Puppe unten raus kommt und ins Töpfli fällt.
- Für Jungs: Übt bewusst zu pinkeln und macht ein Spiel draus. Z.B in die Badewanne in einen Becher treffen. Draussen in eine Petflasche pinkeln. Im Wald ein Blüemli treffen etc.
Noch Fragen? Benötigst du Unterstützung auf diesem Weg?


